Tai Chi für Anfänger: Zehn wichtige Tipps für Deinen perfekten Start
„Aller Anfang ist schwer“, heißt es oft. Aus vielen Gesprächen und meiner eigenen Erfahrung weiß ich, dass es im Tai Chi für Anfänger die ein oder andere Stolperfalle gibt. Damit Du nicht stolperst, habe ich für Dich nachfolgend zehn wichtige Tipps für Deinen perfekten Start zusammengestellt. Diese Liste hat sich im Laufe der letzten 20 Jahre entwickelt und ich werde sie vermutlich auch in Zukunft immer wieder anpassen. Also los geht’s…
1. Kläre Dein Warum
Warum willst Du Tai Chi lernen? Was möchtest Du mit bzw. durch Tai Chi erreichen? Ist es z.B. Ruhe oder Entspannung, das Interesse an einer inneren Kampfkunst oder vielleicht die Freude an einer fließenden Bewegung? Möglicherweise hast Du gemerkt, dass Du etwas für Dich tun musst, bist aber kein typischer Fitnessstudio-Gänger? Vielleicht ist Dir Tai Chi auch empfohlen worden? Warum? Gibt es bestimmte Übungen, die Dich besonders ansprechen? Tai Chi ist so vielfältig und es gibt viele verschiedene Interpretationen und Richtungen. Damit Du den Überblick behalten kannst, solltest Du für Dich genau festlegen, warum Du Tai Chi lernen möchtest.
2. Informiere Dich umfassend
Du hast Dein Warum klar? OK, jetzt kannst Du Dich über die verschiedenen Angebote informieren. Neben den üblichen Kursen an Volkshochschulen und in Sportvereinen gibt es spezielle Tai Chi Schulen und neuerdings auch die Möglichkeit Tai Chi in einem Onlinekurs zu lernen. In diesem Artikel zeige ich Dir, wie Du den für Dich richtigen Lehrer findest. Schau Dir mehrere Lehrer an, um ein Gespür dafür zu bekommen, wer zu Dir passt. Ganz wichtig: Es kommt viel mehr auf die Person des Lehrers als auf den Tai Chi Stil an.
3. Gib Dir Zeit, die Effekte zu spüren
In der heutigen Zeit geht es oft um Quick-Wins, schnelle Erfolge und direkte Effekte. Doch denk kurz mal nach: Wie lange brauchst Du (vermutlich), um z.B. eine Fehlhaltung, die Du seit Jahrzehnten „einstudiert“ hast, zu korrigieren? Bitte gib Dir, Deinem Lehrer und vor allem Deinem Körper ausreichend Zeit für Veränderungen. Auch wenn sich mit der Zeit neben der Begeisterung zunehmend die Routine breit macht und Du merkst, dass eine regelmäßige Praxis auch anstrengend sein kann. Bleib dabei! Solch intensive Veränderungsprozesse brauchen manchmal einfach länger. Freue Dich über kleine Erfolge. Jeder auch noch so kleine Schritt bringt Dich auf Deinem Weg weiter.
4. Sei offen, aber kritisch
Tai Chi entstand in einer vorwissenschaftlichen Zeit. Die Menschen versuchten damals – wie bei uns im Mittelalter – Phänomene mit archaischen Theorien zu erklären. Einfach, weil sie es noch nicht besser wussten. Für uns moderne, aufgeklärte Europäer erscheint das heute stellenweise weit weg und fremdartig. Viele traditionelle Gedanken zu Tai Chi versteht man zudem erst, wenn man den beschriebenen Zustand tatsächlich erlebt hat. Die alten Texte sind oft mehr Erfahrungsberichte als Trainingsanweisungen. Zu spüren, was dort beschrieben ist, kann auch bei regelmäßigem Training durchaus schon mal länger dauern. Lass Dich davon also weder ablenken noch entmutigen.
Anderseits sind in unserer kleinen Tai Chi-Welt auch viele Esoteriker und Mystiker unterwegs. Wenn Du aufgefordert wirst, zu glauben oder wenn Fragen nicht beantwortet werden, weil Du angeblich noch nicht weit genug bist, wird es aus meiner Sicht schräg. Wenn die Tradition als Grund für unklare oder auch unlogische Regeln herhalten muss, dann sei besonders wachsam. Ein guter Lehrer holt – nach meiner Auffassung – den Schüler dort ab, wo er ist. Er kann Tai Chi Phänomene ohne Geheimniskrämerei und esoterisches Geschwafel erläutern. Und er lässt Dich Deine eigenen Erfahrungen abseits jeglicher Dogmatismen machen.
Übrigens solltest Du auch diese zehn Tipps für Anfänger aus meiner Serie Tai Chi für Anfänger kritisch überprüfen… ????
5. Übe, übe, übe
Tai Chi gehört zu den übenden Verfahren. Das bedeutet, es kommt auf die Handlung an, nicht auf das Ergebnis. Besser gesagt: Je mehr Du übst (Handlung), desto besser wirst Du (Ergebnis) zwangsläufig. Übe vom ersten Tag an, am besten täglich. Habe keine Angst „falsch“ zu üben. In der nächsten Unterrichtsstunde wirst Du korrigiert. Der „Fehler“ und die Korrektur bringen Dich ein ganzes Stück weiter. Jedenfalls weiter, als wenn Du weder geübt hättest, noch durch die Korrektur Dich mit der Bewegung intensiv auseinandergesetzt hättest. Wie heißt es doch so schön: Aus Fehlern lernen wir, nicht durch Nichtstun!
Für einen guten Start ist es wichtig, dass Du in eine regelmäßige Praxis kommst. Daher solltest Du von Beginn an neben dem Training in Deinem Kurs auch zu Hause üben. Durch regelmäßiges Training wirst Du faszinierende Erfahrungen machen und die Besonderheit des Tai Chi entdecken. Im Idealfall bedeutet regelmäßig, dass Du täglich trainierst.
6. Halte durch
Aller Anfang ist schwer. Auch oder gerade im Tai Chi. Die meisten Anfänger haben zu hohe Erwartungen an mögliche Effekte und an sich. Sie schaffen es nicht, über einen längeren Zeitraum bei einer Sache zu bleiben. Insbesondere wenn sie merken, dass sie dafür aktiv etwas tun müssen. Das ist sehr schade, denn so dringen sie nicht in die Tiefe des Tai Chi vor. Gib daher nicht zu früh auf. Tai Chi ist keine Pille oder Massage, die Du bekommst. Es ist wie beim Heiraten oder Essen: Du musst schon selbst ran, das kann keiner für Dich übernehmen. Gib Dir mehrere Monate Zeit, um ernsthaft herauszufinden, ob Tai Chi für Dich geeignet ist. Wechsle im Zweifel eher den Lehrer. Ich weiß, das klingt nach einer sehr langen Zeit. Aber glaube mir, die Zeit ist gut investiert.
7. Entscheide Dich, jetzt zu starten
Überlege nicht lange, wäge nicht zu lange ab. Wenn Du diesen Text liest, dann informierst Du Dich bereits ausführlich über Tai Chi. Das ist gut. Doch leg jetzt los, finde Lehrer in Deiner Umgebung und besuche sie. Du kannst oftmals zur Probe kostenlos am Unterricht teilnehmen und so ohne Risiko in die Umsetzung kommen. Oder komm in meinen Onlinekurs. 🙂 Der beste Zeitpunkt mit Tai Chi anzufangen war vor einigen Jahren. Der zweitbeste Zeitpunkt ist genau jetzt. Denn: Selbst wenn Du merkst, dass es nicht Dein Weg ist, so hast Du es zumindest ausprobiert und weißt jetzt genauer, was zu Dir passt.
8. Suche Gleichgesinnte
Verabrede Dich mit anderen Schülern, um auch außerhalb Deines Unterrichts zu trainieren. Vielleicht bietet Dein Lehrer sogar Übungsstunden an? Gemeinsam zu üben wird Deine Motivation spürbar steigern. Spätestens wenn Du Partnerübungen trainierst, bist Du froh, Teil einer Übungsgruppe zu sein, die sich gut versteht und gegenseitig unterstützt. Vielleicht gibt es in Deiner Nähe auch regelmäßige Treffen z.B. zu bestimmten Aktionstagen wie dem Welt Tai Chi Tag.
9. Blicke über dem Tellerrand
Schau Dir andere Schulen an, sprich und übe mit Tai Chi-Begeisterten anderer Schulen und Stilrichtungen. Du kannst nur lernen und Erfahrungen sammeln, wenn Du Dich austauschst. Gerade in den ersten Jahren glaubt man, das eigene System sei das einzig wahre. Leider bleibt dieses Denken bei manchen auch über mehrere Jahre bestehen. Durch den Austausch wirst Du sehen, dass die Tai Chi-Welt sehr bunt und vielfältig ist. Es gibt immer mehr als eine Wahrheit und die Offenheit bzw. Akzeptanz anderer Meinungen helfen auch das eigene System besser zu verstehen und einordnen zu können.
10. Mach Dir keinen Stress
Den größten Druck machst Du Dir meistens selbst. Geh‘ Deinen Tai Chi Weg langsam und gelassen an. Gerade am Anfang verwechseln viele Teilnehmer meiner Kurse Tai Chi mit einem Sprint. Es ist aber ein Marathon. Also nicht zu perfekt und nicht zu intensiv einsteigen. Das bringt nur Stress.
Das waren meine zehn Tipps für Deinen perfekten Start aus der Reihe Tai Chi für Anfänger. Ich hoffe, Du konntest den ein oder anderen Tipp mitnehmen. Schreib mir gerne, was Dir geholfen hat und was nicht.
Mit meinem kleinen Minikurs baust Du Dir eine regelmäßige Praxis auf. Der Kurs hilft Dir auch, wenn Du einen anderen Tai Chi Stil, Qi Gong, Yoga oder ähnliches trainierst und ist für Dich komplett kostenlos.