Tai Chi Jin

Tai Chi Jin | Das Tai Chi ABC

Jin – die Fähigkeit oder wesentliche Kraft

In unserem heutigen Tai Chi ABC sprechen wir über den Begriff Jin. Dieser wird allgemein als Fähigkeit oder als Können oder auch als wesentliche Kraft bezeichnet. Im Gegensatz dazu steht Li, die grobe, äußere (sichtbare) Muskelkraft.

Es gibt daneben auch den Begriff Jing. Das ist die Essenz und das ist eine der drei Schätze Chen, Chi und Jing.

Jin und Chi (Qi)

Jin wird manchmal auch bezeichnet als die Manifestation des eigenen Chi. Also die Idee wäre, dass man, wenn man Tai Chi übt, das Chi in sich kultiviert und spürt. Aber man kann zum Beispiel in der Partnerübung nicht das Chi des Gegners oder des Partners spüren, sondern nur das Jin, also dessen Manifestation seines Chi. Man spürt sozusagen das, was, was das Chi körperlich gesehen ausdrückt. Also zum Beispiel: „der steht besonders stabil“, oder „ist nicht umschubsbar“.

Kultivierung von Jin im Tai Chi

Die Entwicklung des Jin wird als ein Prozess einer inneren Alchemie verstanden, die wir durch das Tai Chi Training betreiben. Wir müssen also sehr, sehr genau arbeiten und sehr achtsam uns auf Körper, Ausrichtung, auf innere Balance, auf die Beziehung der Körperteile zueinander konzentrieren, um dadurch dann Körper und Geist zusammenzubringen. Um dadurch in eine richtige Bewegung zu kommen, die dann diese wesentliche Kraft entwickelt. Die Bewegung sollte z.B. immer aus dem Zentrum heraus gestaltet werden.

In denn Texten heißt es: „Das Jin sollte in den Füßen verwurzelt sein, aus den Beinen erzeugt werden, durch die Taille kontrolliert und durch die Finger ausgedrückt werden.“ Da sieht man also schon, dass der gesamte Körper in diese Entwicklung genutzt wird und man den Boden sozusagen nutzt, um die Füße darin zu verwurzeln und einen stabilen Stand zu haben. Die Beine sind unser Kraftzentrum, da entsteht die Kraft letztendlich, die sich dann in den Händen ausdrückt.

Und wenn unser Partner oder Gegner die Hand drückt, hat er das Gefühl, dass er uns noch tiefer in den Boden verwurzelt. Er spürt den Bodenpfad, ein Begriff von Mike Sigmann, einem bekannten amerikanischer Tai Chi Praktiker.

Als Voraussetzung dafür müssen wir beachten, dass wir die Blockaden im Körper lösen, damit die Kraft ungehindert durch den Körper fließen kann. Und deswegen ist Tai Chi auch sehr gut als Entspannungsverfahren geeignet. Die Voraussetzung für die wesentliche Kraft ist eine entspannte Körperhaltung. Und eine strukturierte Körperhaltung, die die einzelnen Körperteile gut verbindet.

Jin ist nicht gleich Jin

Es gibt viele verschiedene Arten von Jin. Die meisten von uns kennen vermutlich die Bewegung Peng (ausdehnen) und es gibt ein sogenanntes Peng-Jin, also sozusagen die wesentliche Kraft des Peng, des Ausdehnens zu allen Seiten. Sehr bekannt ist auch das sogenannte Fajin. Das ist eine explosionsartige Kraft. Es geht hier nicht um Tempovariation, sondern wirklich eine andere Qualität von kraftvoller Bewegung. Meister Chu King Hung sagte dazu immer „Like a bomb“. Wir hatten Meister Chen Xiaowang bei uns zu Gast bei unserem 25jährigen Jubiläum. Er hat eine Form gezeigt, in der immer wieder auch Fajin Elemente vorkommen und da hat die ganze Hütte gebebt.Weitere Jin sind z.B. Ting Jin – hörendes Jin, Dong Jin – verstehendes Jin, Duan Jin – brechendes Jin.

Es gibt insgesamt 40 verschiedene Jin, die man trainieren kann. Die haben auch stellenweise eine Reihenfolge, z.B. in den Partnerübungen. Es gibt (neben den bereits erwähnten) hörende und verstehende und dann Kontrolle übernehmende und wieder lösende Kräfte. Also ein ganzes Potpourri an Fertigkeiten, die wir im Tai Chi Training kultivieren und verfeinern wollen.

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